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  • AutorenbildPraxis Angelika Silber, MSc.

Stark in der Krise.

Aktualisiert: 19. Apr. 2021

Die ganze Welt ist Covid. Am 13. März 2021 waren es 365 Tagen in denen sich unsere Welt wie wir sie bisher kannten auf den Kopf stellte. Und ganz ehrlich: warten Sie auch wie ich noch immer darauf, dass endlich alles wieder so wird wie es mal war? Und je länger wir warten desto mehr die angstvolle Erkenntnis, dass es vielleicht doch noch viel länger dauern könnte. Ein Jahr ist eine verdammt lange Zeit, an der sich mittlerweile selbst die widerstandsfähigsten unter uns die Zähne ausbeißen.


Bei vielen Menschen ist nicht der kleine Virus das Problem, sondern die teilweise einschneidenden Veränderungen, mit denen wir alle in unserem täglichen Leben konfrontiert wurden und werden. Diese Unerfreulichkeiten machen es umso notwendiger, Raum zu schaffen für die Möglichkeiten, unser Leben angenehmer zu gestalten um aus dem Leidenskreis auszusteigen oder zumindest eine Pause von der Krise einzulegen. Denn Leid entsteht immer nur durch inneren (und/oder) äußeren Widerstand gegen die Veränderung.


# Krise = Chance


Als Krise bezeichnen wir eine als negativ empfundene Veränderung unserer Lebensumstände. Das Wort „Krise“ oder Krisis (gr.) bedeutet konkret Entscheidung oder Wendepunkt; und im Chinesischen steht es sowohl für Gefahr als auch für Chance. So bietet uns die Krise Möglichkeiten für Perspektivenwechsel, persönliche Weiterentwicklung und für das Entstehen von Neuem. Haben wir die Krise erstmal überstanden, können wir zurückschauen und dann erkennen, „wozu das Ganze eigentlich gut war.“ Ganz besonders wichtig ist es allerdings zu wissen, dass Sie – egal wie groß die Krise sein mag – immer noch Handlungsspielräume haben. Sie müssen die Situation nicht einfach nur aushalten, denn Sie können selber dazu beitragen, gut durch Krisen zu steuern.


Und jetzt geht’s los mit den Tipps und Tricks für eine bessere Krisenbewältigung:


# Eingeständnis


Ganz oben auf der Liste ist das Eingestehen der eigenen Gefühlslage. Pandemiemüde oder frustriert, genervt, wütend, unsicher, besorgt oder ängstlich zu sein sind ganz natürliche Reaktionen auf die Situation und keine Zeichen von Schwäche oder Krankheit! Erst durch das Eingestehen unserer Gefühle wird uns bewusst, was wir brauchen, um nächste Schritte setzen zu können.


# Reden wir drüber


Es wird zunehmend schwieriger, Gesprächspartner mit einem offenen Ohr für unser Befinden in der derzeitigen Situation zu finden. Es geht aber gar nicht darum (Be)-Wertungen, Meinungen, Richtig und Falsch zu diskutieren, sondern seine Gefühlslage offen zu legen und wertfrei angenommen und gehört zu werden! Mit jemanden über die eigene Situation sprechen zu können, gibt das Gefühl nicht allein zu sein. Die Erkenntnis, dass es auch anderen Menschen so geht wie Ihnen, kann bereits eine erhebliche Erleichterung darstellen. Besonders für Kinder ist es ganz wichtig, über ihre Gefühle und Emotionen zu reden um diese besser verstehen und einordnen zu können! Wenn Freunde oder Familie keine Unterstützung bieten, dann suchen Sie sich professionelle Hilfe um in einem geschützten und wertfreien Raum Ihren Ängsten, Sorgen und Gefühlen Ausdruck zu verleihen um sich zu entlasten und wieder klarer zu sehen.


PS: Österreich plaudert gern! Wenn Sie niemanden zum Reden haben, gibt es das Plaudernetz‘ der Caritas TEL: 05 1776 100. Über das Plaudernetz verbinden Sie sich mit freiwilligen Plaudertaschen, die mit Ihnen zwischen 12 und 20 Uhr anonym plaudern - weil sie für Sie da sein wollen!


# Soziale Kontakte


Wir sind soziale Wesen und soziale Kontakte sind lebensnotwendig für unsere Gesundheit! „Social Distancing“ ist eigentlich total daneben, wenn es doch eigentlich um physische Distanz geht. Neben der körperlichen Kontaktvermeidung ist leider auch das soziale Miteinander immer weiter ab- und weggebrochen. Zum einen, weil wir durch diese Lebensumstellung auf uns selbst zurückgeworfen wurden und damit beschäftigt waren, Familien neu zu organisieren und uns um unsere innere Stabilität zu kümmern. Zum anderen weil mit dem Wegfall von sozialen Begegnungspunkten wie Restaurants und Kulturstätten durch Ausgangsverbote der soziale Kontakt einfach immer mehr eingestellt wurde.

Es reicht aber nicht Likes auf Facebook oder Insta zu verteilen! Aktivieren Sie Ihre Freunde und bleiben Sie in Kontakt! Wen haben Sie schon länger nicht mehr angerufen? Treffen Sie sich zum Spaziergang oder auf einen (virtuellen) Kaffee. Kümmern Sie sich um Ihre Freunde – vor allem alleinstehende Menschen - über all die Kommunikationskanäle, die zur Verfügung stehen! Und versuchen Sie, über andere Themen als Covid zu sprechen!


# Selbstfürsorge - Gut ist, was Energie bringt


Seien Sie gut zu sich selbst. Jetzt ist es ganz besonders wichtig, den Fokus auf Energiebringer zu richten, auf das was Ihnen gut tut. Bisher hat unser Lebensradius die ganze Welt umspannt. Nun ist dieser Radius auf einen ziemlich kleinen und begrenzten Raum beschränkt, der meist nicht weiter als bis zur Wohnungstüre reicht. Kunst und Kultur sind die venusischen Freuden des Lebens, die seit einem Jahr aus unserem Leben verschwunden sind. Unsere Genussfähigkeit beizubehalten ist daher jetzt so wichtig! Auch wenn aus unserem Leben in der Fülle und grenzenlosen Freiheit ein reduzierteres Leben geworden ist, gibt es in ihm aber nach wie vor kleine Freuden versteckt. Überhaupt sind es die kleinen Dinge, die es tun: Ein warmes Bad, ein gutes Essen, eine besondere Spezialität, ein Sonnenaufgang, ein stiller Spaziergang im Wald, ein bunter Blumenstrauß, malen, tanzen, musizieren, ein guter Duft… Schaffen Sie Platz und misten Sie aus. Lernen Sie loszulassen. Was mögen Sie gerne? Was verschafft Ihnen gute Laune, was zaubert ein Lächeln aufs Gesicht?


# Digital Detox


Lesen Sie jeden Tag die Infektionszahlen und schauen oder hören die Schreckensnachrichten? Hängen Sie im Netz und nehmen am gesellschaftlichen Spaltungsprozess teil, indem Sie Facebook Kommentare und Meinungsfehden zelebrieren, die Blutdruck und Aggression in ungeahnte Höhen treiben? Läuft der Fernseher 24/7 und ist Ihre Hand schon mit Ihrem Handy verwachsen? STEIGEN SIE AUS und SCHALTEN SIE AB! Nützen Sie das Netz für Nützliches, Energiebringendes, Sinnvolles. Achten Sie auf die Zeit, die Sie online verbringen. Das permanente Starren auf Displays und Bildschirme strengt das Gehirn und die Augen an, ermüdet und macht aggressiv. Diese Dauerbespielung verhindert Bewusstheit für das aktuelle Befinden, für das Geschehen um Sie herum. Sie sind dadurch mehr außer sich als bei sich. Hier gilt wie bei allem: die Dosis macht das Gift


# Reflektion


Wenn nicht jetzt wann dann ist Zeit für Reflektion, die im normalen Alltagsstress sowieso immer gerne zu kurz kommt? „Bin ich mit meinem Leben zufrieden und was möchte ich gerne ändern?“ „Was hat in meinem Leben gefehlt?“ Jetzt ist die Chance, neue Strukturen und Routinen in Ihr Leben zu bringen und sich von lästigen und längst nicht mehr passenden Lebens- und Verhaltensmustern zu verabschieden. Vielleicht entdecken Sie, dass Sie gar nicht so viel zum Leben brauchen wie bisher gedacht. Schöpfen Sie Ihre Potentiale wirklich aus? Wo wollten Sie in Ihrem Leben hin und wo stehen Sie gerade? Ich bin sicher, da geht noch so viel mehr!


# Beziehungsleben


Gehören Sie auch zu den Menschen, die in den letzten Monaten stark darüber nachgedacht haben, den Partner auf den Mond zu schießen? Reiben Sie sich so stark wie nie aneinander? Beleuchten Sie Ihre bestehenden Beziehungen. Nehmen Sie Brennpunkte, die durch die Krise betont oder entstanden sind gemeinsam mit dem Partner in Angriff und korrigieren Sie Ihren gemeinsamen Kurs wieder hin zu ruhigerem Gewässer. Vielleicht tut ein höherer Wellengang ganz gut um die Schwachpunkte Ihres kleinen Teams aufzudecken. Nicht um die Beziehung gleich zu beenden sondern um gemeinsam daran zu arbeiten. In Krisen lernen Sie sich nochmal neu und anders kennen. Haben Sie tatsächlich schon alles gegeben und Ihre Potentiale total ausgeschöpft oder gibt es nicht doch noch die Chance zur gemeinsamen Weiterentwicklung? Wo können Sie sich ergänzen oder unterstützen? Wie steht es um Nähe und Distanzverhalten? Sorgen Sie für Abwechslung - Führen Sie eine Date-Night ein zu der Sie sich in Schale werfen – auch wenn sie nur am Küchentisch stattfindet. Picknicken Sie am Wohnzimmerboden! Schaffen Sie Platz für bewußte Zweisamkeit und sei er auch noch so klein. Pflegen Sie Ihre Beziehungen! Zwei gute und tiefe Gespräche pro Woche könneno bereichernd sein.


# Struktur & Alltagsgestaltung


Strukturen geben Halt und Sicherheit. Im letzten Jahr wurden wir aus dem bisherigen Leben katapultiert und müssen uns mit den neuen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen arrangieren. Arbeitswochen verschmelzen immer mehr mit Wochenenden. Bei vielen ist der Schlaf-Wach-Rhythmus dadurch durcheinander geraten. Plötzlich bleiben sie die halbe Nacht wach, kommen morgens nicht aus dem Bett und lassen sich im wahrsten Sinne des Wortes „hängen“. Wenn Routinen und vertraute Rituale wegbrechen, drohen wir den Boden unter den Füßen zu verlieren. Denn ohne Struktur fällt Orientierung schwer. Verabschieden Sie sich ganz bewusst vom bisher Gewohnten und legen Sie sich eine „neue“ Tagesstruktur zurecht: Wann stehen Sie auf? Wann beginnen Sie zu arbeiten? Schaffen Sie Unterschiede an denen sich Ihr Gehirn orientieren kann. Wann gehen Sie schlafen? Welche Rituale passen nicht mehr und welche möchten Sie gerne im täglichen Leben integrieren? Welche Prioritäten setzen Sie und was hat an Wichtigkeit verloren?


# Home Office oder wie aus Arbeitsfrust wieder Arbeitslust entstehen kann


Früher war der Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte das geistige „sich-auf-die-Arbeit-einstellen“. Nun kann das der Weg vom Badezimmer zum Schreibtisch sein oder bewusste Rituale wie das Einschalten des Computers, Licht aufdrehen, Kaffee bereitstellen. Setzen Sie sich beispielsweise nicht im Pyjama „ins Home Office“ sondern gehen Sie bewusst „ins Amt“. Kennzeichnen Sie für andere gut sichtbar Ihr „Arbeitsrevier“ und sei es nur durch ein Schild. Planen Sie bewusste Pausen. Stehen Sie vom Schreibtisch auf und gehen Sie nach draußen. Was möchten Sie heute erledigen? Finden Sie einen klaren Anfang und ein klares Arbeitsende um tatsächlich einen Unterschied zwischen Arbeit und Feierabend bzw. Privatleben herzustellen. Erwarten Sie nicht zu viel von sich und genauso fokussiert wie immer zu arbeiten. Vor allem nicht, wenn Sie nebenbei auch noch Kinder betreuen. Überfordern Sie sich nicht – es braucht manchmal Zeit sich an neue (Arbeits)situationen zu gewöhnen.


# Abwechslung tut gut, aber Langeweile auch


Die Beschäftigung mit ständig demselben Thema und ein monotoner Alltag führen zu gefühlter Langeweile. Wir erleben zu wenig Abwechslung und werden müde und unachtsam. Die Eintönigkeit der eigenen vier Wände kann erdrückend sein, ebenso wie der xte Spaziergang um den Häuserblock. Probieren Sie Neues aus – eine neue Sprache für einen künftigen Urlaub, renovieren Sie die Wohnräume, werden Sie kreativ, suchen Sie ein neues Hobby, schmieden Sie Pläne für nach der Krise…

Langeweile ist gar nicht so schlecht wie wir denken. Sie ist ein Booster für Kreativität und neue Ideen. Gerade für Kinder ist es wichtig durch Langeweile ihr schöpferisches Denken und ihre Kreativität zu erforschen. Gleichzeitig lernen sie dadurch, sich selbst auszuhalten - eine Kunst, die auch manch Erwachsener noch lernen darf.


# Humor ist, wenn man trotzdem lacht


Heute schon gelacht? Schwarzer Humor ist heilsam, weil er Distanz zum Problem schafft und entlastet. Es ist o.k.

zu lachen und dadurch Dampf abzulassen!






# Glückshormone


Helfen Sie dem Glück auf die Sprünge und sorgen Sie für ausreichend Glückshormone durch Achtsamkeitsübungen, Qi Going, Meditation und körperliche Bewegung. Sie sind für die Dopaminausschüttung wichtig und helfen, Glücksgefühle zu erzeugen und wieder in Ihre Mitte zu kommen. Ein Spaziergang im Wald senkt den Blutdruck und wirkt beruhigend auf die Psyche. Lassen Sie sich berühren und berühren Sie sich ganz bewusst selbst! Berührungsmangel macht auf Dauer unzufrieden und einsam. Wer keinen Kuschelpartner hat, kann die Ausschüttung von Oxytocin auch durch Selbstberührung wie Massage und Streicheln z.B. in einem warmen Bad hervorrufen. Oxytocin senkt den Stresshormonlevel im Gehirn und lässt uns entspannen.


# Immunbooster


Überprüfen Sie Ihren Vitamin D Level und optimieren Sie diesen wenn nötig mit ärztlicher Hilfe. Vitamin C, Zink, Sonnenlicht und Bewegung boosten Ihr Immunsystem und schützen vor Infekten. Achten Sie auf gesunde, energievolle, lebendige, regionale und saisonale Nahrung, die Kraft gibt.


# Selbstbestimmung vs. Fremdbestimmung


Wenn uns die vergangenen 12 Monate etwas gelehrt haben, dann die Erkenntnis, wie frei wir bis jetzt leben durften. Ein großer Knackpunkt und psychischer Faktor ist das Gefühl nicht selbst entscheiden zu können, wie man sich verhalten möchte und was gut für

einen ist. Dieses Gefühl des Kontrollverlusts löst maximalen psychischen Stress aus. Daher lautet die Devise: Raus aus der Lethargie und Opferrolle! Trotz der Massnahmen und Regeln im Aussen sind Sie immer noch der Boss über Ihr Leben. Leben Sie Ihre Eigenverantwortung wo immer möglich und wechseln Sie Ihre Perspektive hin zu „das Glas ist halbvoll“ Es gibt noch so viel, dass Sie immer noch tun können. Lenken Sie Ihren Fokus auf das was Sie haben und nicht auf das was fehlt. Eine Prise Disziplin und Bewegung braucht es um die eigene Komfortzone zu verlassen aber hey, wenn Du nichts änderst, ändert sich nichts. Das Leben findet JETZT statt und nicht nach Ende der Pandemie. Hören Sie auf, sich mit anderen zu vergleichen und bleiben Sie authentisch. Jeder darf so sein wie er/sie ist, aber Sie auch.


Herr, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

# Grübeln macht Falten


Stoppen Sie endlose Grübelei über Dinge, die Sie nicht ändern können! Erlauben Sie sich eine limitierte Grübelzeit (z.B. max. 20min.) in der Sie alle Ängste und Sorgen durchdenken dürfen. Sobald Sie sich wieder beim unkontrollierten Grübeln ertappen, stoppen Sie sich und lenken Ihre Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt.


# Dankbarkeit


Ein Stiefkind in Krisenzeiten ist sich in Dankbarkeit zu üben. Tiefe Dankbarkeit führt zu innerer Ruhe und Gelassenheit. Wofür Sind Sie dankbar in Ihrem Leben oder an diesem Tag? Sich jeden Abend einige Momente Zeit zu nehmen und sich in Dankbarkeit zu üben schafft Lebensfreude. Energie folgt bekanntlich der Aufmerksamkeit. Und je mehr Aufmerksamkeit Sie auf Momente legen, für die Sie dankbar sind, umso mehr wächst die Freude im Herzen.


Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.

Charles Reade

 

Achtung: wenn gar nichts mehr hilft, die Motivation verschwunden ist, das Gefühl der Ohnmacht überwältigend scheint, Sie sich mehr und mehr zurückziehen, dann holen Sie sich Unterstützung um wieder Kraft und Mut zu schöpfen, dem Leben aktiv zu begegnen!


Text: Angelika Silber

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