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AutorenbildPraxis Angelika Silber, MSc.

Das Geschenk des Allein-Seins

Aktualisiert: 18. Okt. 2020

Auf meiner aktuellen Reise habe ich ein sehr sympathisches dänisches Ehepaar kennengelernt. Während eines gemeinsamen Abendessens erzählte mir der Ehemann, dass er sich sehr oft fragt wie es denn wäre, wenn er mal alleine verreisen würde. Aber die Angst einsam zu sein oder so ganz ohne Ansprache war bisher zu groß. Wie kann ich das denn so gut aushalten? Ich musste schmunzeln. 


Allein-Sein bedeutet nicht, einsam zu sein. Der Unterschied besteht darin, dass Du Dich zum Allein-Sein freiwillig entscheidest, während Einsamkeit ein unfreiwilliger Zustand ist. Einsamkeit ist ein Gefühl des getrennt-seins von allem. Wir alle suchen nach Verbundenheit und Zugehörigkeit, sehnen uns nach Beziehung. Allerdings kannst Du Dich genauso in einer Partnerschaft oder in einer Familie befinden mit dem Gefühl, der einsamste Mensch auf der Welt zu sein. Aber Du kannst allein sein und dennoch tiefe Verbundenheit empfinden.  Mindestens einmal im Jahr verreise ich ganz bewusst alleine. Ich ziehe mich von allem zurück, breche aus und stelle mich dem Unbekannten. Auf diesen Reisen erlebe ich immer wieder die größten Momente des Glücks und der Verbundenheit mit dem Leben und meinem Sein. Ich suche ganz bewusst menschenleere Orte auf, genieße das Rauschen des Meeres oder die Geräusche des Waldes. Ich beobachte die Natur, verliere mich völlig im stundenlangen Spazieren am Strand oder im Muscheln suchen. Ich sitze einfach nur da und schaue dem Kommen und Gehen der Wellen zu. In dieser Stille fühle ich unglaubliche Freiheit einfach nur da zu sein und nichts zu müssen oder zu sollen. Allein-Sein kann tatsächlich zu einer Art Meditation werden.  Zeit um wieder in Deiner Mitte anzukommen. Ein völliges Aufgehen im Moment, Luft zum Atmen, Raum sich wahrzunehmen. Es ist eine Zeit der Reflektion und Verarbeitung, aber auch der Vorbereitung. Denn aus dem Allein-Sein entspringen Ideen, Kreativität, Impulse. Und es sind nicht nur Momente der Freude sondern auch der Trauer und Melancholie. So oft, wie ich mit einem Lächeln auf den Lippen dasitze und einfach schaue, so gibt es auch Momente, in denen Tränen fließen. Aber das ist in Ordnung. Allein-Sein ermöglicht mir ein intensives Wahrnehmen meiner Bedürfnisse, meiner Ängste, meiner Umgebung.  Und spannenderweise bleibe ich selten lange allein. Vielleicht ist es gerade diese Offenheit dem Leben und die Gelassenheit mir selbst gegenüber, die wunderschöne Begegnungen mit Menschen und Tieren ermöglicht.    Allein-Sein ist ein Geschenk. So viele Menschen fürchten - vor allem partnerschaftlich gesehen - das Allein-Sein, weil sie diesen Zustand eben mit Einsamkeit gleichsetzen. Wenn Du so gar nicht allein sein kannst, Dich davor fürchtest und es keine anderen traumatischen Erfahrungen dafür gibt, frage Dich wovor Du Angst hast. Meist ist es die Angst, sich durch das Allein-Sein selbst zu begegnen, den eigenen Ängsten und Selbstzweifeln, sich nicht hinter jemand anderem verstecken zu können. Sich selbst auszuhalten braucht durchaus Mut und innere Stärke. 


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